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Körpermeditation – sich im Körper beheimaten

Wir und unser Körper – eine nicht immer ungetrübte Beziehung.  Viele von uns haben Mühe mit ihm, weil er nicht unseren Vorstellungen von Schönheit entspricht, weil wir ihn uns leistungsfähiger und gesünder wünschen, weil er nicht mehr so »einwandfrei funktioniert«, wie wir es gewohnt waren. Deshalb wird er von vielen von uns wachsam beobachtet und allerhand Maßnahmen unterzogen.

Wie wäre es, dem Körper stattdessen erst einmal Raum zu geben?
Wie wäre es, sich Zeit zu nehmen und ihn zu spüren – außen wie innen?
Sich und ihm dabei Zeit zu lassen?
Ihm von Augenblick ... zu Augenblick ... zu Augenblick... zu lauschen?
Vielleicht hält er ja noch unbekannte Schätze für uns bereit?

 

In der Körpermeditation verabschieden wir uns Schritt für Schritt von dem Wunsch, unser Körper müsste so sein und so funktionieren, wie wir es gerne hätten. Wir verabschieden uns auch von der Idee, wir müssten mit dem Körper etwas tun, damit er unseren Vorstellungen entspricht. In der Körpermeditation braucht er keine Übungen ausführen, an ihm wird nicht "gearbeitet", er wird nicht zur (vermeintlichen) Hochform gebracht. Vielmehr geben wir ihm Raum, damit er von uns gespürt werden darf und kann. Absichtslos, ohne Zielvorgabe. Er darf sich so zeigen, wie er es kann und braucht, und wie er im Moment tatsächlich da ist.

Das schafft Freiräume, der Körper beginnt sich zu öffnen. Und das wiederum gibt ihm die Freiheit, seinem eigenen Fluss zu folgen. Die Rhythmen des Körpers (Herzschlag, Atem, Blut, Lymphe und Nerven) – durch inneren wie äußeren Stress oft belastet - dürfen wieder ihren eigenen Takt finden. Verhärtete Körperstrukturen dürfen weicher werden.

Sich für die Sprache des Körpers zu öffnen, bedeutet, dass wir eine intime Beziehung mit ihm eingehen, die einzigartig ist. Niemand anderes hat unseren Körper und kann ihm auf diese Weise zuhören. Es ist, wenn wir uns wirklich einlassen, eine Beziehung des Respekts, auch vor der Weisheit des Körpers.

Wenn wir unserem Körper regelmäßig zuhören, hat das Auswirkungen auf unseren Alltag und unser Leben. Denn er erhält uns nicht nur am Leben, sondern er ist auch der Sitz unseres Herzens (Seele) und unseres Kopfes (Geist). Unser Körper ist also über seine konkrete Leiblichkeit hinaus ein kraftvolles Tor zu uns selbst. Zu einem tieferen und umfassenderen Bewusstsein unserer selbst und der Welt.

Wenn wir mit unserem Spür-Sinn tief in unseren Körper eintauchen und ihm lauschen, dann öffnen wir uns für etwas sehr Kostbares: der Möglichkeit, nach Hause zu kommen:

 

Wir finden Heimat in uns selbst. 

 

Wir kommen in Kontakt mit unserer inneren Stimme, mit unserer inneren Wahrheit. Wir sind verbunden mit uns und unserem inneren Wesen, mit der Tiefe unseres Seins. Wir suchen nicht länger im Außen nach dem, was uns erfüllen soll. Wir spüren inneren Frieden, unabhängig davon, was uns im Moment zusetzt und quält. Aus diesem inneren heilen Ort heraus können wir uns und unseren Mitmenschen auf neue Art und Weise – gelassen, klar und mitfühlend – begegnen. All das ist möglich, anfangs oft nur für Augenblicke; später, wenn wir uns regelmäßig die Zeit nehmen und tief in unseren Körper hineinlauschen, wird diese Form des Da-Seins, diese Präsenz mehr und mehr unser Leben durchdringen.

Versuche nicht, zwischen Körper und Seele zu scheiden! Der Körper ist in seine
Seele getaucht wie die Seele in ihren Körper.

Aus dem Talmud